Cannabis Legalisierung in Deutschland - ein Artikel aus ärztlicher Sicht

Veröffentlicht am 02. April 2024 | Durchschnittliche Lesedauer 03:30 Min.

Die Diskussion und die Legalisierung von Cannabis in Deutschland ist ein Thema von politischer und gesellschaftlicher Relevanz. Die Legalisierung ist ein kontrovers diskutiertes Thema.

Cannabis, auch bekannt als Marihuana oder Haschisch, enthält psychoaktive Substanzen wie Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD), die verschiedene, auch sehr unangenehme oder sogar gesundheitsschädliche Auswirkungen auf den Körper haben können.

Befürworter der Legalisierung argumentieren, dass eine regulierte Freigabe von Cannabis zu einer besseren Kontrolle des Konsums, zur Entlastung der Justiz und zur Schaffung neuer steuerlicher Einnahmequellen führen könnte. Zudem wird oft auf die medizinische Anwendungen von Cannabisprodukten bei bestimmten Erkrankungen wie chronischen Schmerzen oder neurologischen Störungen hingewiesen.

Gegner befürchten hingegen eine Zunahme des Cannabiskonsums, insbesondere unter Jugendlichen, sowie gesundheitliche Risiken und negative Auswirkungen auf die Gesellschaft. Bislang erlaubt das deutsche Betäubungsmittelgesetz lediglich den medizinischen Einsatz von Cannabisprodukten, jedoch nicht den Freizeitkonsum. Dies könnte sich 2024 auch in Deutschland mit einer Legalisierung von Cannabis ändern.

In diesem Artikel nehmen wir Stellung dazu, was aus ärztlicher Sicht davon zu halten ist.

Die medizinische Verwendung von Cannabis: Chancen und Herausforderungen 

In vielen Ländern, einschließlich Deutschland, ist die medizinische Verwendung von Cannabis bereits legalisiert. Ärzte können - müssen aber nicht - spezielle Cannabis-basierte Medikamente verschreiben, die standardisierte Dosierungen von THC und CBD enthalten. Eine sorgfältige Überwachung und Anpassung der Behandlung sind dabei essentiell, um eine optimale Wirksamkeit und Sicherheit zu gewährleisten. Die Indikationsstellung einer solchen Therapie obliegt einem Arzt oder einer Ärztin und bedarf einer interdisziplinären Diagnostik und Entscheidungsfindung.

Die Hauptkomponenten von Cannabis, THC und CBD, interagieren mit dem körpereigenen Endocannabinoid-System, welches eine Rolle bei der Regulation von Schmerz, Stimmung, Appetit und Immunreaktion spielt. Diese Interaktion kann zu verschiedenen therapeutischen Effekten führen, wie Schmerzlinderung, Entzündungshemmung und Muskelentspannung.

Medizinisches Cannabis wird daher bei verschiedenen medizinischen Problemen als Therapieoption eingesetzt. Dazu gehören chronische Schmerzzustände, unerwünschte Nebenwirkungen einer Chemotherapie oder schwere muskuläre Spastiken bei Multipler Sklerose. Auch bei einigen psychiatrischen Erkrankungen wie beispielsweise Angststörungen und posttraumatischer Belastungsstörung kann medizinisches Cannabis als Therapieoption diskutiert werden und hilfreich sein.

Trotz verschiedener Forschungsergebnisse stehen der medizinischen Verwendung von Cannabis Herausforderungen gegenüber. Dazu gehören Fragen der Dosierung, der Langzeitwirkungen und potenzieller Risiken wie psychotrope Effekte. Hervorzuheben ist auch das hohe Abhängigkeitspotenzial von Cannabis und Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten.

In unserer Praxisgemeinschaft haben wir uns entschieden, medizinisches Cannabis lediglich in absoluten Ausnahmefällen, im Rahmen schwerer Erkrankungen, nach ärztlicher Indikationsstellung und unter enger Absprache mit Fachärzten und Fachärztinnen sowie nach Genehmigung durch die Krankenkasse verordnen.

Abhängigkeit von Cannabis (Suchterkrankung)

Cannabis macht abhängig. Ab einer bestimmten Regelmäßigkeit und Häufigkeit des Konsums spricht man dann von einer Suchterkrankung. Es handelt sich in solch einem Fall um ein komplexes und ernstzunehmendes Gesundheitsproblem.

Menschen, die von Cannabis abhängig sind, zeigen Symptome wie beispielsweise einen starken Drang, Cannabis zu konsumieren, Schwierigkeiten beim Kontrollieren des Konsums, Toleranzentwicklung (d.h. die Notwendigkeit, immer größere Mengen zu konsumieren, um die gleiche Wirkung zu erzielen) sowie Entzugserscheinungen, wenn sie versuchen, den Konsum einzuschränken oder zu beenden.

Zu den Entzugserscheinungen einer Cannabisabhängigkeit gehören Schlafstörungen, erhöhte Reizbarkeit, Angstzustände, Appetitlosigkeit und Stimmungsschwankungen.

Der Gebrauch von Cannabis und die Cannabisabhängigkeit kann sowohl kurz- als auch langfristige negative Auswirkungen auf die physische und psychische Gesundheit haben: Zu den psychischen Folgen übermäßigen Cannabisgebrauchs gehören Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen, verminderte kognitive Funktionen und auch Störungen der sozialen Interaktionsfähigkeit (Dämpfung, Abstumpfung).

Psychische oder sogar psychiatrische Gesundheitsprobleme wie Angstzustände oder Depressionen sowie soziale und berufliche Probleme durch den Konsum treten gehäuft auf, insbesondere auch bei jüngeren Menschen oder Jugendlichen. Bereits ein einmaliger Konsum von Cannabis kann akute psychotische Zustände hervorrufen, welche zu einer stationären Therapie in einem Krankenhaus führen und auch langfristig bleibende psychiatrische Beschwerden hinterlassen können.

Physisch können langfristig Lungenschäden durch den inhalativen Konsum auftreten.

Die Behandlung einer Cannabisabhängigkeit umfasst in der Regel eine Kombination aus psychologischer Beratung, Psychotherapie, unterstützende Selbsthilfegruppen und gegebenenfalls medikamentöser Unterstützung für die Bewältigung von Entzugserscheinungen oder begleitenden psychischen Problemen. Ein unterstützendes soziales Umfeld und eine individuell zugeschnittene Behandlungsstrategie sind entscheidend für den Erfolg der Behandlung.

Die Legalisierung von Cannabis - ein persönliches Statement:

Aus medizinischer Sicht gibt es Argumente gegen die Legalisierung von Cannabis in Deutschland, die insbesondere auf potenziellen gesundheitlichen Risiken und Komplikationen basieren.

Eines der Hauptargumente ist, dass der Freizeitkonsum von Cannabis bei Jugendlichen zu gesundheitlichen Problemen führen kann, da deren Gehirn noch in der Entwicklung ist. Ein regelmäßiger Cannabiskonsum im Jugendalter erhöht nachweislich das Risiko für neuropsychiatrische Störungen. Beeinträchtigt werden kognitive Funktionen, das Risiko für psychische Gesundheitsprobleme wie Depressionen und Angstzustände steigt.

Darüber hinaus besteht die berechtigte Sorge, dass eine breite Verfügbarkeit von Cannabis nach einer Legalisierung zu einem Anstieg des Konsums führen könnte, sowohl bei Jugendlichen als auch bei Erwachsenen.

Zu erwarten ist ein Anstieg von Cannabisabhängigkeit und Cannabissucht führen, was dann langfristige Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit und unser Gesundheitssystem hat.

Zu erwarten ist ebenfalls, dass Wechselwirkungen zwischen Cannabis und anderen Medikamenten häufiger oder verstärkt auftreten, wenn Cannabis frei verfügbar wird. Dies beeinflusst die Effektivität anderer medizinischer Behandlungen und verstärkt unerwünschte Nebenwirkungen.

Wir stehen der Legalisierung von Cannabis in Deutschland aus ärztlicher Sicht kritisch gegenüber. Um potenzielle Gesundheitsrisiken zu minimieren und die öffentliche Gesundheit zu schützen sollte dieses Thema weiterhin streng diskutiert und erneut evaluiert werden. Es wird betont, dass Vorsicht geboten ist und dass präventive Maßnahmen sowie Aufklärung über potenzielle Risiken unerlässlich sind, um der Legalisierung von Cannabis und den damit erwarteten Gesundheitsstörungen zu begegnen.

Autorin:

Dr. med. Charlotte Kinateder
Fachärztin für Allgemeinmedizin

in Rücksprache mit Dr. med. Barbara Haase und Dr. med. Christian Renard

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